Kannst du mich taufen - wie alles begann

Kannst du mich taufen?

Erst bei dieser Frage begriffen wir, dass die iranischen Christen, die seit einem Monat jeden Sonntag mit uns Gottesdienst feierten, nicht getauft sind. Sie haben in der Untergrundkirche des Iran ihre ersten christlichen Schritte getan, aber getauft sind die wenigsten.

 

Inzwischen haben wir in vielen mehrsprachigen Diskussionen erfahren, wie man im Iran Christ sein kann: Offiziell genehmigt ist nur die armenische Kirche, zu der die Armenier - eine Volksgruppe, die seit Generationen schon christlich ist - gehören und alle ausländischen Kirchen. Diese Christen sind meist katholisch, eher selten orthodox oder evangelisch.

 

Alle anderen werden mit großem Aufwand seitens der Regierung von allem ferngehalten, was christlich wirkt. „Ich bin in die Kirche dort gegangen“, berichtet A.,  „aber sie haben am Eingang eine Kamera, die jeden aufnimmt. Sie haben mir erzählt, dass diese Kamera täglich von der Zentral-Polizei ausgelesen wird, um jeden Muslimen, der sich dort blicken lässt, sofort zu identifizieren. Als ich mehrmals dort war, bekam ich eine Vorladung zur Polizei.“ A. wusste, was das bedeutet und beschloss, zu fliehen.

Ein anderer ergänzt: „Der Patriarch der Kirche muss alle 2 Monate bei der Polizei Rede und Antwort stehen über alle, die in seine Kirche gehen.“ Die Bibel hat die Polizei den Gottesdienstbesuchern abgenommen. Es reicht, wenn der Patriarch eine Bibel besitzt.

 

Alle, die nicht armenisch sind, treffen sich in kleinen Hauskirchen von 10-12 Leuten, die aus Angst vor Verfolgung von Treffen zu Treffen ihren Ort wechseln. Sie lesen das Neue Testament, wenn es einer von ihnen teuer auf dem Schwarzmarkt kaufen konnte. Auch im Buchhandel werde eine „Bibel des Barnabas“ angeboten, erzählt Leio, aber das sei eine muslimisch korrigierte Bibel, die die letzte Offenbarung des Mohammed ankündige. Das Volk nenne sie spöttisch: Bibel made in Iran.

 

Trotz aller Vorsicht fliegen auch diese Hauskirchen immer wieder auf. „Als sie unsere Anführer verhafteten, wusste ich, dass ich die nächste bin. Da bin ich geflohen“, berichtet eine Frau, die ein Buch über die Emanzipation der Frau veröffentlichte. Und einer ergänzt: „Ich hatte eine Bibel mit einer Widmung geschenkt bekommen. Mein  Freund und ich lasen darin. Aber als ich meinem Freund die Bibel für eine Woche mitgab, entdeckte sein Vater sie, und mein Name stand darin. Ich wurde bezichtigt, seinen Sohn zu missionieren und vor Gericht vorgeladen. Mein Anwalt riet mir, nicht zu erscheinen, sondern den Iran lieber zu verlassen.“

 

Und dann gibt es noch eine Bewegung junger Leute, die für jeden Wissensweg, den die Regierung verschließt oder verbietet, einen neuen, anderen Weg sucht. Neuer Weg wird diese Bewegung deshalb genannt. Im Park und an öffentlichen Plätzen treffen sie sich, um mehr über Christus zu erfahren, und über die Freiheit zu diskutieren. Jede Kleingruppe (max 7 Leute) schart sich um einen „Pedar“, einen christlichen „Vater“, der ihnen  - ohne schriftliches Material – von Jesus erzählt. Erst wenn ein Mitglied das Vertrauen dieses Vaters erworben hat, wird es in die Hauskirche eingeladen.

 

„Aber das Problem ist“, wirft Ar. ein, der englisch kann und oft übersetzt, „dass du nicht weißt, wer dir etwas über den Glauben erzählen kann, weil alles so geheim gehalten wird. Du findest diese Leute nicht. Dann suchst du im Internet. Aber das Internet ist zensiert. Du kannst die richtigen Seiten nicht aufrufen.“ Und L. ergänzt: „Du kannst dir so einen Stick kaufen, der dein GPS am Computer verändert, so dass du scheinbar vom Ausland aus surfst. Nur: Diesen Stick verkauft die Regierung. Sie lassen dich auf Facebook und Youtube. Aber sobald du einen Jesusfilm herunterlädst, steht die Polizei in der Tür.“

 

Und was passiert, wenn die Polizei dich erwischt? „Du verschwindest einfach, ohne dass deine Leute informiert werden“, erklärt L.. „6 Monate bleibst du auf jeden Fall weg. Sie bringen dich dazu, zum Islam zurückzukehren. Wenn du soweit bist, dass sie dir dieses Bekenntnis glauben, hast du es fast geschafft. Dann wirst du noch vielleicht 80 x ausgepeitscht und kommst wieder frei. Aber genau wissen wir es nicht. Wer frei kam, hat über diese Monate nie ein Wort gesprochen.“

 

Und was geschieht mit euren Familien, wenn ihr jetzt geflohen seid? Haben sie Schlimmes zu erwarten? Die meisten schütteln den Kopf. Nein, sagen sie. Der Staat verfolgt nur den einzelnen. Aber sie stehen natürlich unter verschärfter Beobachtung.

 

Nicht alle sind schon im Iran Christen gewesen. Viele haben den Glauben erst auf der Flucht erfahren. „Da war ein Mädchen, ganz schmal, vielleicht 16 Jahre alt,“ erzählt Ar., „die stand am Ufer, als wir in den Booten in Griechenland ankamen. Und ich habe gesehen, wie sie immer wieder ins kalte Wasser sprang – es war Februar! -, um einen von uns herauszuziehen, der es nicht mehr aus dem Wasser geschafft hätte. Ihre Mutter hatte im Auto Decken und Tee und versorgte die Leute. Warum tut sie das für uns Muslime? Dubai hat uns nicht gewollt und viele andere muslimische Länder haben es abgelehnt, uns aufzunehmen. Und diese christliche Frau rettet uns. Das hat mich beeindruckt. Seitdem will ich auch Christ werden.“

 

12 Wochen lang müssen die „Newmembers“, wie Sahar, die Sekretärin sie nennt, einen Glaubenskurs absolvieren, der ähnlich wie ein Konfirmandenkurs strukturiert ist. Pfarrer Hans-Dietrich Nehring hat diese Kurse mit Sahar und Sam vorbereitet, sie haben gemeinsam Arbeitsblätter entworfen, sie in Farsi übersetzt und abgetippt. Inzwischen kann sich jeder die Blätter aus dem Internet herunterladen.

 

Manchmal versteht das Ehepaar Nehring im eigenen Taufkurs wenig, weil die Täuflinge in kleinen Gruppen engagiert auf farsi diskutieren. Dann vertrauen sie ihren meist im Juli getauften Lehrern Sam, Sahar, Josef, Omid, Arrash und einigen mehr. Sie begleiten die Gruppen und bringen Fragen, die sie nicht beantworten können, vor Pfarrer Nehring. Hin und wieder gibt Sam ihm einen kurzen Überblick über das, was gerade diskutiert wird: Etwa, warum Mohammed es erlaube, 4 Frauen zu haben, warum man im Christentum nicht schwören dürfe, wo doch im Islam alle schwören müssen, ob man wirklich gar niemanden töten dürfe und viele Fragen mehr.

 

Mit dem Wort Gottes, in dieser freien und fröhlichen Gemeinschaft, verändern sich die Täuflinge. Ein Hitzkopf hat sich als Taufspruch ein Wort von der Gewaltlosigkeit ausgesucht. Einer, der früher in Casinos sein Glück versucht hat, hält jetzt Bibelkreise für andere ab. Viele genießen die Geborgenheit und Liebe, die die beiden Pfarrer zu vermitteln versuchen. Freilich bricht dennoch hin und wieder mal Streit aus – dieser hat eine Frau beleidigt, jener will mehr Ticketgeld als ihm zusteht. Aber alles in allem wächst eine Gemeinschaft heran, die sich umeinander kümmert und versucht, diese schwere Wartezeit als Flüchtling mit Jesu Wort zu überstehen.

 

Inzwischen sind mehr als 100 Christen getauft, viele durch Regionalbischöfin Dr Greiner, die diese Arbeit sehr unterstützt und vom Glauben der Flüchtlinge tief bewegt istImmer öfter kommen auch Menschen aus anderen Sprachbereichen - Afghanen, Kurden, Irakis. Viele von ihnen sind weiterhin jeden Freitag da, bekommen Beratung vom Arbeitsamt oder Asylberatung, sitzen zusammen über dem Wort Gottes, gestaltet selbst kleine Gottesdienste auf Farsi.  Wir danken auch all den „Mamans und Pedars“, also den deutschen Frauen und Männern, die sich einsetzen für diese wunderbaren Menschen und so zum Gelingen des Taufkurses beitragen.

 

Friedenskirche-Bayreuth

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95447 Bayreuth

 

Pfarramt

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Pfarrer Hans-Dietrich Nehring
Pfarrerin Andrea Nehring